Die Familien Fleischhauer und
Lehrmann werden von der Behörde für Gesundheit und Sozialverhalten
zu einem zweiwöchigen Urlaub auf der Hallig Medewatt eingeladen. Auf
Medewatt gibt es jedoch nur ein Ferienhäuschen, das weder mit
Fernsehen oder Radio, noch mit Telefon, Telefax oder Computer
ausgestattet ist. Zudem treffen beide Familien, im Glauben, sie
seien allein auf der Hallig, gleichzeitig auf Medewatt ein. So
müssen sich der Lehrer Ernst-Martin Fleischhauer mit Frau Gerhild
und Son Ernst-Friedrich mit der Familie des selbstständigen
Schlachtermeisters Rudolf Lehrmann, der mit seiner Frau Gabi und der
reizenden Tochter Susanne angereist ist, das bescheidene Domizil
teilen. Dabei treffen Schöngeist und Proletariat aufeinander, was
für Zündstoff sorgt, schier unlösbare Konflikte hervorruft und zur
Teilung von Hallig und Haus führt. Während zwischen den Eltern ein
Machtkampf entbrennt, kommen sich die Kinder näher und versuchen den
Streit beizulegen. Erst ein heimlich eingeschmuggelter Fernseher
glättet auch unter den Vätern bei einer Fußballübertragung die
Wogen. Jedoch finden diese nach feucht-fröhlicher Nacht nicht das
richtige Bett...
Presse
Kultur
Von den Brettern, die die Welt bedeuten:
"Medewatt" in Rissen
Da haben sie nun 14 Tage einsamen Hallig-Urlaub geschenkt bekommen
für Papa, Mama und den fast erwachsenen Sohn...! Ohne Telefon, ohne
Fernseher, aber mit einem Kühlschrank, dessen Inhalt für die
doppelte Personenzahl reichen würde. Man freut sich ein Bein ab.
Mama kann die erste Nacht mit Papa im kuscheligen Alkoven kaum
abwarten. Da erscheint ein weiterer Papa mit Mama und einem ziemlich
attraktiven Töchterchen! Auch sie sind Gäste der Behörde für
Gesundheit und Forschung! Die Männer wollen sofort abfahren, die
Frauen nicht. Das Töchterchen schmollt. Stinkfad hier, nicht einmal
das Handy funktioniert. Der Studienrat fühlt sich dem hemdsärmeligen
Schlachtermeister überlegen. Seine biedere Frau ist empört, mit
solchen Leuten auf engem Raum zusammen leben zu sollen - Big Brother
läßt grüßen! Im 2. Bild ist der Esstisch bereits durch eine Decke
mittig geteilt, die eine Familie auf der einen, die andere auf der
anderen Seite. Man geifert sich an, Schlachter Rudi pafft genüsslich
und voller Häme seine Zigarre zur anderen Seite hinüber, Fenster
werden aufgerissen, wieder zugeknallt, jede Partei beansprucht eine
Hälfte des Fensters für sich. Nur die Kinder bleiben gelassen. Der
qualmende Rudi (Henning Lutz) hat es Punkt 8 Uhr eilig, in seinen
Alkoven zu kommen. Auch des Studienrates Gattin Gerhild (Sabine
Mutschink) steigt, in verheißungsvolles Schwarz gewandet - wie für
die Oper und dennoch unendlich bieder - in die Federn, während der
füllige und rechtschaffene Ehemann (Dirk Steffens) bedächtig den
seidenen Morgenmantel auszieht, mit akribischer Sorgfalt
zusammenlegt und die Schuhe zurechtrückt, ehe er der Angetrauten
ordnungsgemäß ins eheliche Bett folgt. Als die muntere und sexy Gabi
(Stephanie Ganske-Dreßler) die Tür zum ehelichen Alkoven öffnet,
wallt dicker Zigarrenqualm ihr aus dem Bett entgegen. Rudi ist total
gefesselt vom Fußball-Spiel auf dem in seiner großen Reisetasche
„hereingeschmuggelten" Fernseher, eine Flasche in der einen, die
Zigarre in der anderen Hand: Das Publikum ist zu Recht begeistert.
Gaby flüchtet zur Tochter. Die Männer aber finden plötzlich zusammen
über Fußball und Alkohol. Der Fernseher kommt vom Bett auf die Mitte
des Tisches, die „Mauer" fällt.
Wiederholter Szenenapplaus für die beiden so wunderbar verschieden
angelegten Typen bei Suff und Fußball. Sie hinterlassen einen Tisch
voll leerer Bierflaschen, verwechseln die Betten - na, na, sie
werden doch nicht..., aber sie sind viel zu betrunken, und die
Gattinnen scheinen auch nichts zu merken. Es ist also sehr viel
weniger pikant als bei Zeus und Alkmene.
Auch ,,Fiedi", der noch unerfahrene und schüchterne Sohn,
glaubwürdig gespielt von Christian Bauer, und die kesse und weniger
schüchterne Susanne (Beate Teichmann) sind sich näher gekommen -
Romeo und Julia inmitten ihrer verfeindeten Familien - und gemeinsam
entschwunden. Wenn die empörte Frau Gerhild ihren noch beduselten
Ehemann einmal hätte ausreden lassen, sie hätte schneller begriffen,
dass nicht der prollige Schlachter allein die Flaschen-Batterie
geleert hatte. Sabine Mutschink und Dirk Steffens hätten aber ihre
Fähigkeit nicht zeigen können, solch schwierige Dialoge
(„Klappsätze") zu meistern, und uns wäre ein bisschen Spaß verloren
gegangen. Henning Lutz als Rudi zeigte ein umwerfend
kommödiantisches Talent beim Schnarchen wie beim Saufen, beim
Herumbrüllen wie beim Schnippen mit den Hosenträgern - und
überhaupt! Andreas Prieß, der junge „Speelbaas", den wir bisher nur
als Liebhaber kannten, hat seine Truppe wirklich gut geführt. Das
Lob für ihn war entsprechend.
Ein Friesenhaus mit einer Stube wie der auf der Bühne hätte sicher
manch einer von uns sehr gern! Herbert Lettermann un sien Lüüd haben
hier wirklich mal wieder bis in schönste Details
Bewunderungswürdiges geleistet. Der gewohnte Applaus für sein
Bühnenbild kam denn ja auch prompt! Die Premierenfeier nach dem
großen Erfolg zeigte einmal mehr den Teamgeist aller Beteiligten,
der für Prüük, Visaasch und Kledaasch zuständigen, der Lüchtmokers
und Toseggersch, all de Lüüd an de Siet des Speelbaas, die sich
„achter de Kulisssen afmaracht" haben. Und dazu natürlich die vielen
alten und jungen Freunde der Volksspielbühne Rissen.
(I. Boos, Rissener Rundschau)
Szenen-Fotos
Dirk Steffens - Sabine Mutschink -
Christian Bauer