Emanzipation heißt das Schlagwort der
heutigen Zeit und darum dreht es sich in diesem 3-Akter von Hans
Henning Holm. Wenn man aber schon so in seinem Gleis festgefahren
ist wie "Mudder", vermag auch die emanzipierteste Freundin mit den
besten Absichten nicht, die Weichen zur Umfunktionierung von Mudders
jetzigem Alltag zu stellen. So wird sie weiterhin ihren Mann und die
beiden erwachsenen Kinder von vorn und hinten betüteln. Es ändert
auch nichts daran, dass diese nach Mudders Ausbruchsversuch
eingesehen haben, jeder könne bestens seinen eigenen Kram erledigen.
Mudder selbst begünstigt sie nach ihrer Rückkehr darin, ihre
gewonnene Einsicht ganz schnell wieder zu vergessen.
Presse
"Mudder, wat nu...?"
Wie ergeht es einer Familie, wenn die Mutter ihre Koffer packt und
den Mann und die verwöhnten, fast erwachsenen Kinder auf sich
alleine stellt! Dieses Leitmotiv des Stückes, von Hans Henning Holm,
brachte die Rissener Bühne unter der Regie von Rudi Schröder. -
Egbert Wieck als Peter Runge brachte seinen Part routiniert, und mit
seiner muffligen Art hatte er die Schmunzler auf seiner Seite.
Klara, seine Frau (Lisa Schröder), spielte diesen Abend mit
angezogener Handbremse und wirkte dadurch etwas blaß. Aus der Rolle
war durchaus mehr zu machen. - Am Typ vorbei spielte Bärbel
Fischbeck. Die von der Mutter verwöhnte und gut gekleidete Tochter
harmonierte nicht mit der ewig Kaugummi kauenden. Da gefiel mir der
Sohn Friedrich (Jörn Schröder) mit seiner lässigen Art besser.
Von Paula Wulf, der Freundin Klaras (Elfi Bergel), hätte ich mehr
erwartet. Sie als Schlüsselfigur des Stückes hatte es in der Hand,
das Tempo zu dosieren. Man sollte während des Spielens auch nicht
versuchen, Kontakt mit dem Publikum aufzunehmen, das lenkt nur von
der eigenen Rolle ab.
Regine Berner (Sabine Mutschink), die Freundin von Friedrich,
brachte in ihrer jugendlichen Frische eine ansehnliche Leistung. Sie
wird bestimmt bald eine Bereicherung der Bühne sein. Gustav Felst
und Christel Tewes als Nachbarn hätten als Typen angelegt (Regie)
bestimmt mehr aus ihrer Rolle machen können.
Das Stück litt leider stellenweise durch Längen, so daß man noch
Überlegungen hätte anstellen sollen, hier und da noch einige
Passagen zu streichen. Mir schien es an diesem Premierentag noch
unfertig. Textschwierigkeiten lassen ein Spiel immer ein wenig
nervös werden und der Fluß des Stückes geht dabei verloren.
(Verbandskritiker Joachim Grabbe)
Es war wieder einmal ein großer
Erfolg! Alle fünf Theaterabende der Volksspielbühne Rissen waren
restlos ausverkauft. Große Freude bei allen Aktiven des Vereins! Ein
volles Haus ist der schönste Dank für Veranstalter und Schauspieler.
Im Rampenlicht stehen, Beifall erhalten für die erbrachte Leistung
ist herrlich. Es galt aber auch all denen der Beifall, die hinter
den Kulissen tätig waren, dem technischen Personal, den
Bühnenbauern, den Maskenbildnerinnen, den Beleuchtern, der
Inspizientin, der Soffleuse, dem Elektriker, den Feuerwehrleuten,
den Organisatoren, und nicht zuletzt dem Spielleiter. Die Namen der
Mitwirkenden sind uns allen seit Jahren geläufig. Immer wieder
freuen wir uns, daß sie ihre Freizeit für so eine gute Sache
hingeben, um ihren Mitbürgern, den Rissenern u.a., einen der so
selten gewordenen, erinnerungsreichen Abende zu bescheren, dafür sei
ihnen recht herzlich gedankt!
(Rissener Rundschau)
Sahen Sie auch die VB Rissen ?
Anfang April spielte die Volksspielbühne Rissen von 1955 an fünf
Abenden vor ausverkauftem Haus die niederdeutsche Komödie „Mudder,
wat nu?" Leider mußten am Montag (!) Besucher umkehren, die an der
Abendkasse keine Karten mehr bekommen hatten. Den Amateurspielern
tut das sehr leid, sie raten, beim nächstenmal den Karten-Vorverkauf
in Anspruch zu nehmen.
Seine Absicht, der Aufführung seines Stückes bei der VB Rissen
beizuwohnen, konnte der Auto Hans Henning Holm — bekannt vom
Rundfunk („Hör mol 'n beten to") und als Verfasser niederdeutscher
Theaterstücke und Geschichten — nicht mehr verwirklichen. Eine Woche
zuvor starb er plötzlich an Herzversagen. Unter der bewährten
Spielleitung von Rudi Schröder gab es hier viele heitere Szenen zum
Schlagwort von der Emanzipation der Frau. Und vielleicht galt der
häufige Beifall auf offener Szene, z.B. beim Anblick der Wohnung
ohne Hausfrau oder bei Äußerung der Familie gegenüber der Mutter
nicht immer nur direkt den Schauspielern auf der Bühne, sondern auch
den von ihnen zum Ausdruck gebrachten Tatsachen, in denen man sich
bzw. eigenes Verhalten wiedererkannte. [...]
(Rissener Bürgervereinszeitung)
Nachruf
Wir trauern um Erich Hübner.
Nach schwerem Leiden hat sich im Alter von 75 Jahren für ihn der
Vorhang für immer geschlossen. Mit seinem ganzen Herzen war der
gebürtige Pommer bei "seinem Volksbühnenspiel". Sein Niederdeutsch
mit pommerschem Platt gemischt ergab eine liebenswerte besondere
Mischung. Wir verlieren mit Erich Hübner nicht nur einen großartigen
Darsteller und prächtigen "Dööntjeserzähler" (sein "Opa vertellt"
wird uns sehr fehlen!), sondern auch unseren Archivar, der mit viel
Zeitaufwand und in liebevoller Kleinarbeit die Chronik der V.B.R.
führte. Lieber Erich, die Lücke, die Du hinterlassen hast, - wie
sollen wir die nur schließen? B.F.